top of page

Band der Freundschaft

Eine Geschichte aus der Welt von »Dunkelheit und Silberglanz«. Pyr ist reines Feuer. Wohin er geht, folgt ihm Zerstörung. Einsamkeit zerfrisst ihn.

Von wohliger Wärme umfangen, erwachte Pyr und streckte sich träge. Jemand schnarchte, leises Seufzen erklang. Vorsichtig rührte er sich in der viel zu engen Feuerstelle und betrachtete die Einrichtung der ärmlichen Hütte. Tisch, Stühle, eine große Schlafstelle. Um mehr zu erkennen, reckte er sich vor. Flammen prasselten, Funken stoben auf und entzündeten ein paar Strohhalme am Boden. Ein dünner Rauchfaden stieg zum Hüttendach empor. Das Feuer wuchs und züngelte in Richtung der friedlich schlafenden Bewohner.

     Um sie zu wecken, bäumte Pyr sich auf. Seine Stimme grollte drohend. »Flieht!«

     Der Lärm versetzte die Schläfer in Panik. Kopflos sprangen sie herum, schrien und retteten sich endlich nach draußen.

   Der Feuergeist blieb und badete in der knisternden Hitze. Sie nährte ihn und schenkte ihm Kraft. Mit der Energie durchströmte ihn maßlose Freude. Bis ihm die Konsequenzen seines Handelns bewusst wurden. Bewegungslos lauschte er auf die ängstlichen Rufe, beobachtete die vergeblichen Löschversuche. Mit seiner unbedachten Tat zerstörte er das Heim dieser Menschen, beraubte sie der wenigen Habe und verurteilte sie zu großem Leid. Sie saßen jetzt auf der Straße, während er sich durch die Trümmer ihrer Hütte fraß. Das verleidete ihm die Nahrung. Ungeduldig wartete er, bis das Dach einbrach und ließ sich vom auflodernden Brand in die Höhe tragen. Von dort bot sich ein Anblick des Jammers. Kinder mit rußgeschwärzten Gesichtern, die auf der nackten Erde kauerten. Ihr Vater versuchte, seine weinende Frau zu beruhigen.

   Hastig floh Pyr und wehte ziellos umher. Wohin sollte er gehen? Warum wusste er nicht, woher er kam? Seine erste Erinnerung bestand in der behaglichen Wärme des Herdes und dessen Geborgenheit. Feuer bedeutete für ihn Leben und Heimat, für andere jedoch Leid und Tod. Diese Erkenntnis entzündete einen heftigen Schmerz. Eisig floss er durch seine Lohe.

     »Aber die Stadtherrin ist eine Göttin«, wiederholte er leise die Worte des Erzählers. »Wenn sie so mächtig ist, muss sie mir helfen.«

     Als habe der Wind den Einwand gehört, erfasste er den Feuergeist und trug ihn zu bewaldeten Hängen. Pinienduft schlug Pyr entgegen. Weit unter sich gewahrte er einen Fluss, der ein Gebirge zerschnitt. Verborgen in einem Talkessel schimmerte eine wundersame Stadt mit hellen Mauern, roten Dächern, einer meerblauen Mitte und einem perlmuttfarbenen, runden Tempel im Zentrum.

     Obwohl Pyr fürchtete, den Ort zu gefährden, vermochte er nicht, sich abzuwenden. Unbemerkt schwebte er umher und bemerkte den Geruch von schmelzendem Eisen und brennender Kohle. Der Duft lockte ihn zu einem von Gebäuden gesäumten Hof. Aus einem Schornstein stieg Rauch auf. Rhythmisches Hämmern bestätigte seine Vermutung, es handele sich um eine Schmiede. Gerade wollte er durch den Abzug ins Innere tauchen, um in der mit Glut gefüllten Esse zu baden, da vernahm er boshaftes Lachen und verharrte.

     Im Innenhof jagte ein bocksbeiniger Junge ein Mädchen um den großen Brunnen und rief: »Talvi, Talvi, Talvi klein, wirst ja nie erwachsen sein.«

      Tränen rannen dem fliehenden Kind über die Wangen.

     Pyr überlegte, wie er dem Treiben Einhalt gebieten könnte.

Ein dunkelhaariger Riese packte den Satyr am Schlafittchen und warf ihn unsanft ins Wasser. »Entschuldige dich!«, forderte er und verstellte ihm den Weg. »Jetzt!«

      »Lass gut sein, Warg«, mischte sich die Kleine ein.

    Der kecke Winzling ergriff die Chance und huschte an seinem Widersacher vorbei. Hakenschlagend floh er und streckte dem Hünen die Zunge aus.

     Ein winziger Funke löste sich aus Pyrs Gestalt und versengte dem Lausebengel den Schwanz. Das darauf folgende Geheul ließ den Feuergeist schadenfroh auflodern. Verstohlen schwebte er über dem Kopf eines der beiden Wölfe, die das Wasserspiel krönten, und beobachtete, wie der Mann sich auf dem Brunnenrand niederließ. 

   »Tut mir leid, Talvi. Das war gemein.« Er seufzte. »Bedauerst du es, uns hierher begleitet zu haben? Die hiesigen Najaden haben dich nie als eine der ihren akzeptiert.«

   Das Mädchen setzte sich neben ihn. »Was hatte ich für eine Wahl? In Midgard bleiben konnte ich nicht. Die Wasserkinder wollten mich nicht mehr bei sich haben. Enyo gab mir ein Zuhause. Und du bist mein Freund. Das ist mehr, als ich vorher kannte.«

     »Ich hatte auch niemanden vor euch.«

     »Manchmal beneide ich sie.«

     »Enyo?«

     »Ja. Um deine Liebe. Doch sie bringt euch kein Glück.«

   »Wir sind alle verdammt, jeder auf seine eigene Weise. Du kannst nicht erwachsen werden, und wir zwei dürfen einander nicht berühren, ohne dass ich in Flammen aufgehe. Scheiß Leben!« Warg stand auf und holte hinter einem Blumenkübel eine Amphore hervor.

     »Lass dich nicht von Enyo erwischen.«

     »Sie weiß davon und lässt mir das Vergnügen.« Mit den Schultern zuckend, trank er und reichte das Gefäß weiter.

Talvi kostete einen winzigen Schluck und verzog das Gesicht. »Das schmeckt wie Eselpisse!«

     »Woher willst du das wissen? Es gibt keine Esel hier.«

     »Mehr als genug.«

    »Manchmal komme ich mir wirklich wie einer vor. Mit Enyo zu leben tut weh, ohne sie fühlt es sich an, als risse mir jemand das Herz heraus. Der Alkohol hilft zu vergessen.« Bei den Worten schaute er zur Schmiede hinüber und seufzte erneut. 

Die Wassernymphe schmiegte sich an ihn und blickte in die gleiche Richtung. »Enyo reagiert sich mit ihrer Lieblingsbeschäftigung ab. Besser als Trinken allemal. Ist es schlimmer, unglücklich zu lieben wie ihr, oder nie die Liebe kennenzulernen wie ich? Was meinst du?«

    »Keine Ahnung. Ich hab nicht entschieden, ein Monster zu sein und eine Göttin zu lieben, und du wolltest bestimmt nicht ewig Kind bleiben.«

     »Wir waren beide Menschen, bevor wir uns veränderten.«

     »Ich dachte, du seist eine Nymphe.«

     »Der See, an dem wir uns trafen, besitzt Zauberkraft.«

     »Er hat dich zu dem gemacht, was du bist? Wurdest du hineingestoßen?«

   Kopfschüttelnd erwiderte Talvi: »Mein Onkel nahm mich unter dem Vorwand auf, mir ein besseres Leben als bei meinen Eltern zu ermöglichen. In Wahrheit …« Sie rutschte dichter an Warg heran. »Er wollte mich für seine fiesen Spielchen. Irgendwann ertrug ich es nicht länger und lief weg. Ich fiel ins Wasser und das Letzte, was ich sah, war die grinsende Fratze meines Oheims. Statt den Tod schenkte der See mir Unsterblichkeit. Nur Kindern gewährt er die zweifelhafte Gunst, deshalb nannten wir uns Wasserkinder. Für immer sind wir zum Kindsein verdammt. Nichts, was ich meinem ärgsten Feind wünsche.«

     Warg legte einen Arm um sie. »Ich weiß, was du meinst. Schon seltsam, wie sehr unsere Schicksale sich gleichen.«

     »Erzählst du mir, wie du ein Wandelwolf wurdest?«

     »Das ist keine romantische Geschichte.«

     »Manchmal hilft es, sich jemandem anzuvertrauen.«

    »Du wärst die Erste …« Er hielt inne und holte tief Luft. »Wie du stamme ich aus Midgard. Wir lebten als einfache Bauern beim Düsterforst. Nach der zweiten Missernte litten wir ständig Hunger. Zwei Schwestern starben an Unterernährung, mein älterer Bruder siechte gleichfalls dahin. Ihm fielen die Zähne aus, sein Gesicht ähnelte dem eines Toten. Vermutlich hätten wir den Winter nicht überlebt. Ein gnädigeres Schicksal als das, was uns erwartete.«

Pyr lauschte gespannt und beobachtete das ungleiche Paar. Beide waren einst Menschen. So wie er. Diese Erkenntnis traf ihn aus dem Nichts. Feuer besaß weder Verstand noch Stimme oder einen Namen. Angestrengt versuchte er, sich zu erinnern, bis Warg ihn ablenkte.

     »Als Frida mich holen ließ, war ich ein unbedarfter Knabe. Sie hatte gehört, wie ich mir wünschte, einmal im Leben satt zu sein. Den Wunsch erfüllte sie mir. Hunger quälte mich nicht mehr. Aber was sie mit mir machte …« Sein Blick glitt zur Schmiede herüber, und er schüttelte den Kopf.

      »Enyo darf es nie erfahren«, sagte Talvi.

    »Nein, das würde ihr Feuer wecken. Wenn sie zornig ist, verliert sie die Kontrolle über die Dunkelheit in ihrem Innern.«

     »Ich erzähle ihr nichts. Wer war Frida?«

    »Eine Hexe und die Herrin über den Düsterforst. Mehr als zehn Jahre behielt sie mich, und vermutlich hätte sie auch weiterhin Vergnügen daran gefunden, mich zu foltern. Solange ich ihr willfährig diente, bekam meine Familie Brot und Fleisch aus der Burgküche. Ich hätte alles getan, um meine Geschwister zu retten. Doch eines Tages kam Gerwald grinsend zu mir und schmiss mir ein Bündel vor die Füße. Er war Fridas treuester Lakai und eifersüchtig auf den Platz in ihrem Bett. Damit er in ihre Gunst zurückkehren konnte, tötete er jene, die ich liebte. Er sperrte sie in der Hütte ein und zündete sie an. Meine kleine Schwester, die inzwischen selbst Mutter war, warf ihren gerade geborenen Säugling aus dem Fenster, um ihn vor dem Flammentod zu bewahren. Als ich das Bündel vom Boden aufhob, sah ich in sein rußgeschwärztes Gesichtchen.«

     Über ihnen zog Pyr seine Funken dichter heran und beobachtete, wie Talvi die Hand in Wargs schob.

    »Gerwald prahlte mit seiner Tat, um meinen Angriff zu provozieren«, fuhr er leise fort. »Den Gefallen tat ich ihm, mir war ohnehin alles egal. Diejenigen, für die ich wie ein Sklave lebte, hatte er umgebracht.

Im Kampf verwandelte er sich in einen Mannwolf, ein grässliches Ding auf zwei Beinen mit Wolfskopf, Klauen und struppigem Pelz. So glaubte er, mich besiegen zu können. Er biss mich, ich schlitzte ihm trotzdem den Bauch auf und floh.

     Auf dem Weg nach Hause traf mich Fridas Fluch, den Gerwald mit seinem Biss an mich weitergab. Wie er wurde ich zum Monster, verdammt, ewig zu leben. Keine Wunde konnte mich töten, bei jeder Verwandlung wurde ich geheilt. Ich hasste dieses Dasein.«

     Talvi schmiegte sich an Warg. »Bis Enyo dich rettete, nicht wahr?«

    »Eigentlich kam sie, um mir den Kopf abzuschlagen. Wir kämpften, und ich hätte sie siegen lassen sollen. Doch der Wolf in mir hing unvernünftigerweise am Leben, brach hervor und biss sie. Damit gab ich den Fluch an sie weiter. Ich war ein Feigling.« Er nahm einen tiefen Schluck aus der Amphore.

     »Und dann?«

     »Enyo wehrte sich, indem sie ebenfalls zubiss.«

     Kichernd schüttelte Talvi den Kopf. »Das ist weder ehrenvoll noch einer Göttin würdig.«    »Instinkt. Sie wuchs bei Wölfen auf, bevor Ares sie fand. Jedenfalls übertrug ich den Fluch, und sie verlor das Bewusstsein. Mein Rudel beschloss, sie umzubringen, denn Fridas Regeln erlaubten keine weiblichen Werwölfe. Vor der vollständigen Verwandlung bleiben wir sterblich. Ich wusste ja nicht, wer Enyo wirklich war. Zu meiner Schande wollte ich nicht, dass sie stirbt, obwohl sie das zu einem furchtbaren Leben verurteilte, zu einem Dasein als Monster.«

     »Zum Glück ist das nicht passiert. Ares meint, du hättest das Gute in ihr geweckt. Als ihr Ziehvater muss er es wissen. Vorher lebte sie für den Kampf. Nach eurer Begegnung gründete sie Limēn.«

     »Das ist kaum mein Verdienst, ich wollte sie einfach nur retten. Für die Flucht war ich zu schwach. Daher suchte ich Schutz in einem hohlen Baum und wurde ohnmächtig. Beim Erwachen lag mein Kopf in Enyos Schoß. Sie hielt mich fest und streichelte meine Schläfen. Die Kriegsgöttin, die niemanden zuvor liebte, wählte ausgerechnet mich zum Gefährten. Ich bin froh darüber, gleichwohl ich die Ehre nicht verdiene. Seitdem besitzen wir die Fähigkeit, uns in Wölfe zu verwandeln. Diese Form«, Warg deutete auf die Wölfe, die den Brunnen krönten, »ist die, in der wir frei sind. Aber Enyo hat Verpflichtungen.« Wieder trank er und schaute zur Schmiede hinüber. »In menschlicher Gestalt dürfen wir einander nicht nahekommen. Ich habe sie ein einziges Mal geküsst. Die Welt um uns herum explodierte. Die Flammen, die mich verzehrten, konnte Enyo nicht löschen. Der Fluch ihres Vaters. Damals rettete er mich, um seine Macht zu beweisen.«

     »Das tut mir so leid.« Talvi sah sich ebenfalls zu den Wölfen um.

     Pyr duckte sich zu spät.

     Das Mädchen starrte ihn an.

Warg folgte ihrem Blick und sprang auf. »Bleib bloß weg!«

   »Ich tue euch nichts«, erwiderte das Feuerwesen und zog sich zu einem faustgroßen Ball zusammen.

     »Du brennst. Und ich hasse Feuer!«, rief der Riese.

     Talvi stellte sich vor ihn, summte und malte mit den Fingern Muster in die Luft.

    Gerade rechtzeitig flog Pyr auf. Ein Schwall Wasser traf die Stelle, an der er eben noch hockte. Vor Schreck brüllte er auf und schlug einen Haken.

     »Komm nicht näher!«, befahl Talvi und schüttelte drohend die Fäuste.

    Der Feuergeist hielt inne und betrachtete das ungleiche Paar. Die winzige Nymphe verteidigte ihren Gefährten mit ähnlicher Hingabe wie er sie zuvor. Freundschaft. Niemand würde sich für ihn einsetzen. Angst war alles, was er auslöste, auch bei den beiden. Seine Flammen zischten. Die Einsamkeit ließ sein Innerstes vor Kälte erstarren und sein Feuer verlöschen.

     Polternd wurde die Tür der Schmiede aufgerissen und eine rußverschmierte Frau trat in den Hof. »Was ist denn hier für ein Lärm?« Zuerst taxierte sie Warg und Talvi, dann schaute sie Pyr an und lächelte.

Diese Geste wärmte ihn. Unwillkürlich glitt er in ihre Richtung. Der sie umgebende Geruch von Rauch und Glut zog ihn an.

      »Pass auf!«, warnte Warg. »Das ist Feuer.«

      Enyo nickte. »Zumindest sieht es so aus. Doch Feuer besitzt keinen Geist. Wer bist du? Ich habe noch nie jemanden wie dich getroffen.« Einen Arm in die Höhe gestreckt, fragte sie: »Möchtest du zu mir kommen?«

Pyr folgte der Einladung, verharrte jedoch ein Stück entfernt. »Ich will dich nicht verletzen.«

     »Sei unbesorgt, Feuer ist ungefährlich für mich, denn ich trage mein eigenes in mir. Komm her, du kannst mich nicht verbrennen.«

      Vorsichtig ließ er sich auf ihrem Handrücken nieder. »Ich sehe kein Feuer an dir.«     

»Meines lauert unsichtbar unter der Haut, du bestehst daraus. Beides ist tödlich, wenn wir nicht aufpassen.« Bei den Worten wanderte Enyos Blick zu Warg. Ihre Miene verfinsterte sich. »Aber wir passen auf«, sagte sie bestimmt. »Wer bist du?«

     »Pyr.«

     »Pyr bedeutet Feuer. Ich kenne niemanden wie dich.«

     »Ich auch nicht.« Kälte kroch erneut durch seine Lohe. »Ich bin ganz allein.« Funken stoben auf.

     Mit der freien Hand fing sie diese ein. »Möchtest du lernen, dein Feuer zu kontrollieren?«      »Ich weiß nicht, wie.«

    »Das finden wir heraus. Du könntest in meiner Schmiede wohnen, und während du das Feuer anheizt, schauen wir gemeinsam, wie du es beherrschen kannst.«

     »Wenn es so einfach ist, warum lernst du es nicht?«

     Warg stöhnte auf.

     Die Mundwinkel zu einem bitteren Grinsen verzogen, antwortete Enyo: »Du bist Feuer, es ist deine Essenz. Ich glaube, mit etwas Übung kannst du die Funken an dich binden. Meine brechen hervor, sobald ich zornig oder begehrt werde. Die eigenen Gefühle vermag ich meist zu beeinflussen, die anderer zu manipulieren fällt ungleich schwerer.« Behutsam setzte sie Pyr auf ihre bloße Schulter und ging zu Talvi und Warg. Kurz sah sie ihm in die Augen und legte die Rechte auf ihre ineinander verschränkten Hände. »Ohne eure Freundschaft und Liebe hätte ich längst aufgegeben. Ich finde einen Weg, um mit dir zusammen zu sein, Warg.«

     »Selbst wenn nicht, würde ich dich nie verlassen. Könntest du trotzdem einen Schritt zurücktreten?«

   »Pyrs Feuer kann ich löschen und Wunden, die es verursacht, heilen. – Wir müssen das Schicksal allerdings nicht herausfordern.« Sie wandte sich in Richtung Schmiede. »Möchtest du bei mir bleiben?«

     »Ich will niemandem mehr wehtun. Als ich erwachte, entfachte ich einen Hausbrand. Die Bewohner weckte ich zwar, all ihre Habe vernichtete ich jedoch. Ich muss ein furchtbarer Mensch gewesen sein, dass ich so bestraft werde.«

Ihre Rechte glitt über ihn hinweg, als streichle sie ihn. »Das glaube ich nicht, und falls dem so ist, läge es hinter dir. Obwohl du kein Herz besitzt, sitzt es an der richtigen Stelle. Du bist mir willkommen.« Sie trat in die Schmiede und setzte den Feuergeist in die Esse.

     Pyr badete in der Glut und umfing das Metall darin, bis es rot aufleuchtete. Zum ersten Mal konnte er sich ausdehnen, ohne Schaden anzurichten. Funken stoben auf. »Frei!«, rief er und loderte auf. 

   »Das Erz braucht mehr Hitze«, sagte Enyo.

     »Heißer«, jubelte er und breitete sich aus. Sein Lachen mischte sich mit regelmäßigem Hämmern.

© 2023 Sabine Reifenstahl

Alle Rechte vorbehalten.


Mehr Informationen zu »Dunkelheit und Silberglanz«



bottom of page