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Happy Halloween: Ein bisschen Magie in Ehren …

Halloween: Die kleine Enid, ein Wandelwolf, ist nicht begeistert von ihrem Kostüm. Sie muss als Hexe nach Süßem und Sauren betteln. Niemand ahnt, dass sie sich alles herbeizaubern könnte, denn …

Antonia Sandmann hat zu einer Challenge aufgerufen und fünf Begriffe vorgegeben:

- 5 Eimer grüner Schleim

- Brause-Ufos

- Reißzahn

- Nacktschnecke

- ein Stück Käsesahne


Happy Halloween: Ein bisschen Magie in Ehren …


»Onkel Magnus, das ist völlig bescheuert«, murrte Enid und zerrte an ihrem viel zu kleinen Hexenkostüm. »Warum soll ich mich verkleiden, wenn ich schon ein Wandelwolf bin?«

Der Vampir zwinkerte und entblößte sein falsches Gebiss. Der rechte Reißzahn ragte etwas länger als der linke hervor und sah zusammen mit der kitschigen Werwolfmaske so dermaßen dämlich aus, dass sie ihren Onkel bedauerte.

Papa Nick schlenderte grinsend voraus, in einem eleganten Frack, blass geschminkt im edlen Vampirlook. Als eine Frau den Kopf nach ihm verdrehte, knurrte Enid.

Die Dame suchte verwirrt das Weite. Besser so!

»Was hab ich dir gesagt«, flüsterte er. »Wir dürfen uns nicht verraten.«

»Pah, und deshalb müssen wir hier in diesen lächerlichen Dingern rumlaufen?« Das Mädchen schob den Spitzhut nach hinten. »Wieso ist Onkel Kiri eigentlich nicht hier?«

»Weil er ein Sidhe ist und sich vor solchen Tagen fürchtet. Die Schleier zur Anderswelt lichten sich. Er könnte versehentlich hindurchtreten und sich auf der anderen Seite verirren.«

Enid setzte zur Erwiderung an, dass sie ihn einfach zurückholen würde. Doch die Frau mit dem Umhang aus schwarzen Federn, die sie schon eine Weile begleitete, schüttelte den Kopf.

Seltsam, niemand sonst nahm von der Morrigan Notiz, nicht einmal Papa Botho, der als großer schwarzer Hund auf sie zu rannte. – Seine echte Gestalt.

Ihre Väter begrüßten sich, als hätten sie sich eine Ewigkeit nicht gesehen.

Wehmut zupfte an Enid. Wie sollte sie ihnen erklären, dass sie bald in die Anderswelt müsste, um ihre Magie beherrschen zu lernen? Die beiden würden todunglücklich sein. Seit Papa Nick sie als Baby im Wald gefunden hatte, waren sie nie lange getrennt.

Mit einem Seufzer vertrieb sie die trüben Gedanken. Die Morrigan hatte ihr versprochen, wenigstens das Weihnachtsfest abzuwarten.

»Süßes oder Saures!«, schrien die nervigen Zwillinge, ihre Cousins, und hüpften den schmalen Weg zu einer Haustür entlang.

»Ich verstehe nicht, wieso ich auch so eine dämliche Tasche tragen muss. Ich mag den Süßkram nicht einmal!«

»Weil normale Menschenkinder das machen«, erwiderte Magnus gleichmütig. »Und du willst doch normal sein, oder?«

»Ihr wollt, dass ich das bin«, murmelte Enid und stapfte durch die Herbstblätter. »Aber so einfach ist das nicht. Ich bin eben kein Mensch.«

Papa Botho stupste sie mit seiner nassen Nase an, bis sie ihn kichernd umarmte. »Schon gut. Wir alle nicht. Ich bin schon brav.«

Mit langen Schritten holte sie die kichernden Sechsjährigen ein und stimmte in ihren Singsang ein: »Süßes oder Saures!«

Gruselige Musik erklang, dann Gelächter wie aus einer Gruft. Kreischend schwang die Haustür auf und ein Skelett hob warnend die Hand.

»Menschen!«, wisperte Magnus und verdrehte die Augen.

Bunte Kleinigkeiten landeten in ihren Tüten. Die Jungs winkten und wollten zum nächsten Beutezug aufbrechen.

»Wartet! Zeigt mal, was ihr bekommen habt.« Enid verstellte ihnen den Weg.

In ihren Piratenkostümen mit den riesigen, federgeschmückten Hüten konnte sie nicht einmal unterscheiden, wer ihr gerade seinen Beutel hinhielt.

»Schau mal: Fünf Eimer grüner Schleim, der schmeckt so lecker! Frau Meyer hat die Waffelbecher selbst gebacken und mit Götterspeise gefüllt.«

Enid verzog das Gesicht und stemmte die Hände in die Hüften. »Aber nicht alle auf einmal verschlingen, ihr kleinen verhungerten Wölfchen.« Sie fischte zwei Brause-Ufos aus ihrer eigenen Ausbeute und schenkte jedem eins. »Lasst es euch schmecken.«

In Wirklichkeit hoffte sie, die Zwillinge würden den Mund halten, wenn das prickelnde Zeug ihn so richtig füllte.

»Igitt, was ist das denn?« Irgendjemand hatte ihr etwas in die Tasche geworfen, das aussah wie ein Stück Käsesahne, nur ohne Sahne und mit ganz viel stinkendem Käse. Sie rümpfte die Nase. »Das ist voll eklig!«

»Wer austeilt, muss auch einstecken können«, kommentierte Papa Nick ungerührt. Er zeigte keine Spur von Mitleid.

»Aber wie …?« Enid schaute zur Morrigan, die sie spitzbübisch angrinste. Auf ihrer Schulter hockte ein Rabe, der hämisch keckerte.

Ernsthaft? Onkel Maeron auch?

Kurz überlegte sie, ob sie den Vogel in eine Nacktschnecke verwandeln sollte. Mal sehen, ob er sie dann immer noch auslachte.

Sie kniff die Lider zusammen und entdeckte Onkel Alessio, der dahinter stand und gut gelaunt winkte. Herausfordernd streckte sie ihm die Zunge aus, malte einen winzigen Kreis in die Luft und dachte an seine Tiergestalt, einen Schimmel.

Mit einer wegwerfenden Bewegung entließ sie den Zauber und zwei Ballons in Pferdegestalt erschienen. Um ihren Onkel zu ärgern, schillerten sie in allen Regenbogenfarben. Obendrein verpasste sie den Ballonpferdchen je ein Horn mitten auf die Stirn.

Quietschend grapschten sich die Zwillinge die Fäden, an denen die Luftballons hingen.

Onkel Alessio drohte mit dem Finger, ihre Papas und Magnus starrten sie jedoch mit großen Augen an.

Verdammt, das war wohl zu auffällig.

Schuldbewusst zeigte Enid zur Morrigan. »Ich war das nicht!«

Die keltische Kriegsgöttin trat aus ihrem Versteck. »Na Jungs, ich wollte mal sehen, wie es euch geht.«

Ihr Kostüm wirkte wirklich lebensecht. Kunststück, sie musste sich ja nicht verkleiden. Der schwarze Federumhang bauschte von einem unheimlichen, gar nicht vorhandenen Wind auf. Das Schwert auf ihrem Rücken war keine Deko und ihre Begleiter, zwei Wölfe, konnte nicht mal ein Kind für zahme Haustiere halten.

»Ist das nicht ein bisschen overdressed selbst für Halloween, werte Göttin«, erkundigte sich Papa Nick.

Hoffentlich gab das keinen Ärger! Als Mensch dieser Zeit zollte er Göttern wenig Respekt. Er wusste es einfach nicht besser.

»Findest du?«, versetzte die dunkle Göttin und drehte sich lachend.

Ihr Umhang fiel über Enid. Dort versteckte sich Meridur, ihr bester Freund, ein Gestaltwandler.

Die Morrigan drückte das Mädchen fest an sich und verpasste dem formwandelnden Kobold einen Schubs, der ihn aus den Falten ihres Gewandes beförderte. Im Schwung verwandelte er sich in Enid, die gleichen blonden Haare und das lächerliche Hexen-Outfit.

Sah das dämlich aus! Nächstes Jahr würde sie sich ihre Verkleidung definitiv selbst aussuchen!

Nächstes Jahr … Sie betrachtete Papa Nick traurig.

Er hockte vor ihrer Doppelgängerin und fragte: »Wie hast du das wirklich gemacht?«

Meridur spielte sie so perfekt, dass nicht einmal ihr Vater etwas bemerkte. »Das war eine Illusion, die ich extra vorbereitet hatte.«

»Wir müssen reden, Fräulein!« Papa klang nicht glücklich. Dabei wollte Enid ihren Cousins bloß eine Freude machen – und Onkel Alessio ein bisschen ärgern. Sie wollte schon vorspringen, um alles zu erklären, doch die Morrigan hielt sie zurück und flüsterte: »Wir müssen los!«

Enids kleines Herz setzte aus. »Du hast versprochen, ich darf dieses Weihnachten noch mit meiner Familie feiern.«

»Natürlich, Kindchen, aber dein Onkel Kieran braucht dich.«



Warum Kieran Enids Hilfe braucht, lest ihr in »Grüner Schleim und Schnulzenromane«


© Sabine Reifenstahl 2025


Grüner Schleim und Schnulzenromane
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