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Autoren-Adventskalender 2025

Für den diesjährigen Autoren-Adventskalender habe ich eine Kurzgeschichte als Special zu

»Übersinnliche Gefährten: Winterwaldrefugium« geschrieben.

Die Bücher der Reihe können unabhängig gelesen werden. 

Schaut doch auch bei den anderen Türchen vorbei. Es lohnt sich.

Havaneserwelpe im Schnee
Cover mit Forsthaus, Winterwaldrefugium
Havaneserwelpe im Schnee

Philos erster Schneezauber

Ein Havaneserwelpe erlebt den ersten Schnee und weckt die Magie des Winterwaldes. Enid und ihr Onkel Kieran müssen den Ausreißer einfangen, bevor der Wald ihn verschluckt.
Ein warmherziger Wintermoment voller Welpenmagie.

Übrigens: Kürzlich ist Philo bei uns eingezogen. Und jetzt auch in einer Geschichte. Das rechte Bild zeigt meinen Welpen, links habe ich ihn durch eine KI in den Schnee versetzt. Den Namen hat er von einem meiner Romanhelden erhalten, Dorian aus »Dorian – Sehnsucht nach Liebe« wegen seiner Bedeutung.

Havaneserwelpe

Weihnachtschaos, überall blinkte und funkelte es. Ich liebte meine Familie, brauchte aber dringend frische Luft. Davon gab es ringsum genug. Wir feierten unser erstes Weihnachten in dem gerade angeschafften, einsamen Forsthaus mit eigenem See und nichts als Wald ringsum. Als ich die Tür öffnete, schlüpfte ein kleines Fellbündel vorbei und plumpste mit einem quietschenden »Wuff« in die weiße Pracht. Philo, unser neuer Schützling, war kaum groß genug, um über die Schneedecke hinauszuschauen. Das hielt ihn nicht davon ab, begeistert darauf herumzutapsen.
»Nicht wegrennen!«, rief ich, was selbstverständlich dazu führte, dass der Welpe losschaukelte, richtig laufen konnte er ja noch nicht.
Enid steckte die Nase aus der Tür. Ihre blonden Locken flatterten im Wind und ihre Wangen glühten vor Vorfreude. »Onkel Kiri! Heute ist der perfekte Tag!«
Schon schlüpfte sie in ihre Wintersachen.
»Damit wir wegen des Fellknäuels zu Eisblöcken erstarren?«
»Ach Quatsch. Für Philos erstes Weihnachtswunder!«
Theatralisch stöhnte ich auf. Eigentlich wollte ich ein bisschen die Ruhe genießen, doch daraus würde wohl nichts. Andererseits liebte ich meine kleine Nichte viel zu sehr, um ihm einen Wunsch abzuschlagen. Auch wenn man bei ihr nie wusste, ob sie ein harmloses Spiel oder Unsinn im Ausmaß kosmischer Verwerfungen plante.
»Komm, Onkel Kiri. Es ist so schön hier. Danke, dass du diesen Ort für uns gefunden hast. So viel Wald, in dem wir uns verwandeln können, und ein eigener See für Onkel Lessio. Du bist der Beste!«
Bei ihren Worten breitete sich Wärme in meiner Brust aus. Widerstand zwecklos, ich folgte dem fröhlich loshüpfenden Mädchen. Es hielt ein Holzkistchen hoch. »Wir basteln einen Schutzstern für Philo. Jeder Wandlerwelpe braucht einen! Hat Papa gesagt.«
»Hat er das?« Eher nicht, ich hörte jedenfalls zum ersten Mal davon. Wichtiger noch, ich ging davon aus, dass ich einen richtigen, kaltblütig am Straßenrand entsorgten Welpen gefunden hatte. Doch das konnte ich unserem kleinen Mädchen schlecht einen Tag vor Heiligabend erzählen, also hieß es: Augen zu und durch.
Wir folgten Philo, der eine Spur winziger Pfotenabdrücke hinterließ und gerade voller Begeisterung an einem Tannenzweig rupfte.
Enid hockte sich zu ihm. »Wir brauchen den liebsten Zweig, den du finden kannst! Daraus baue ich dir einen Talisman.«
Philo bellte, schnappte in den Schnee und versank mit einem triumphierenden Quietschen kopfüber. Als er wieder auftauchte, war sein grau-braunes Fell mit glitzernden Sprenkeln übersät.
Ich zog eine Braue hoch. »Enid!«
»Ich war das nicht!« Sie hielt die Hände in die Höhe, unschuldig wie eine Schneeflocke. »Wirklich nicht!«
Der Welpe hob die Nase, schnupperte und rannte los, den Funken hinterher, die wie Irrlichter in den Wald schwebten.
Was blieb uns übrig, als ihm zu folgen?
Der schmale Pfad führte geradewegs zu einer Fichte, deren Zweige tief herabhingen. Sie war knorrig, windschief und definitiv nicht als Weihnachtsbaum geeignet, sah verwittert und alt aus, ein Überbleibsel aus einer anderen Zeit.
Die Glitterpartikel ließen sich auf ihren Zweigen nieder und woben ein Netz aus sanftem Licht.
»Onkel Kiri«, flüsterte Enid ehrfürchtig. »Sie mag Philo.«
»Wer? Die Fichte?«
Das Kind nickte. »Sie ist eine alte Seele. Manche Bäume schlafen im Winter, aber dieser hier wacht.«
Als spüre er ebenfalls etwas, hockte sich der Welpe vor den Baum, legte den Kopf schief und wedelte wild mit er der Rute. Auf sein aufgeregtes Fiepen hin leuchteten die Funken heller, nicht wie der weihnachtlich-übertriebene Glanz, der in den Augen schmerzte. Ein sachtes Aufglühen, das bis ins Herz wärmte.
Enid öffnete ihre Holzkiste und zeigte mir den Inhalt: rote Beeren, ein Stück Bast, ein winziger blauer Glitzerstein und eine Rabenfeder. Hoffentlich hatte sie die nicht ihrem Onkel Maeron ausgerissen!
Die Hände in die Seiten gestemmt, erklärte sie: »Jetzt brauche ich nur noch deinen Lieblingszweig, Philo.«
Der Hundewinzling betrachtete uns mit einem Blick, als ob er sagen wollte, ich bin ein Welpe, kein Schreiner.
»Bitte, sonst funktioniert es nicht!«
Erstaunt stellte ich fest, dass nicht einmal ein Hundekind ihr zu widerstehen vermochte. Es stapfte er los, zerrte an einem Ästchen und fiel auf den Rücken, als das sich ruckartig löste. In der Schneewehe versank das Tierchen komplett.
Seufzend rettete ich es und beförderte den quängelnden Vierbeiner wieder auf die Pfoten. »Kleiner Tollpatsch«, murmelte ich amüsiert und erntete ein empörtes Wauzen.
Wir suchten uns einen Stamm, ich wischte den Schnee fort, setzte mich und nahm das Kind auf den Schoß. Gemeinsam bastelten wir einen Stern, ein bisschen unperfekt, nicht regelmäßig, aber voller Wintermagie und Welpenliebe.
Enid hielt ihn hoch.
Der alte Baum reagierte sofort. Die Funken sammelten sich, sanken herab und überzogen das Amulett wie zarter Frost. Ein warmes, kaum sichtbares Leuchten glomm darin auf, der Stein in der Mitte pulsierte in tiefem Blau.
»Fertig«, sagte sie andächtig. »Das ist dein Talisman, der beschützt dich!«
Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Du weißt, dass der Welpe keine Ahnung hat, was ein Schutzstern ist?«
»Er spürt es trotzdem.« Sie band dem Welpen den Stern an sein Halsband.
Philo verrenkte sich den Hals, um das Anhängsel zu betrachten, schnaufte und prustete plötzlich. Schneestaub wirbelte auf.
Begeistertes Gelächter von Enid erklang als Antwort. Der Nadelbaum gleißte kurz wie von Lichterketten erhellt, dann verklang das Licht in sanftem Wintergrau.
»Komm«, forderte ich. »Nach all der Magie brauchen wir heiße Schokolade zum Aufwärmen. Meine Füße fühlen sich an wie Eiszapfen.«
»Du bist ein Wandelwolf, Onkel Kiri. Wir frieren nicht. Und woher willst du wissen, wie sich Eiszapfen fühlen?«
Oh je, solche Diskussionen mied ich lieber. »Ab nach Hause.«
»Philo bekommt extra Futter, weil er so brav war!«, rief sie fröhlich.
»Natürlich.« Ausgebüxt und im Schnee versunken. Unter Gehorsam stellte ich mir etwas anderes vor.
Wir schlenderten zurück, die kleine Hand lag warm in meiner.
Kurz verharrte ich, um den Anblick unseres neuen Refugiums zu genießen. Heimelig und golden erwartete es uns. Der geheime Ort für die ganze Familie, hier konnten wir sein, wie wir wirklich waren. Manchmal auch ein bisschen zauberhaft.
Hinter uns raschelten Blätter im Wind, ich hörte leises Klingeln wie von winzigen Glocken. Suchend schaute ich mich um, doch der Wald behielt seine Magie für sich. Vielleicht würde er sie uns zeigen, wenn er uns erst kannte.
Philo stieg auf die Hinterpfoten und zerrte an meinem Hosenbein. Frecher Kerl!
Ich nahm ihn hoch und trug ihn den Rest des Weges. Der winterliche Forst blieb still und dunkel zurück, das Sternamulett an seinem Halsband brannte jedoch wie ein Herz aus Licht. Auf jeden Fall würden wir das Hundekind damit finden. Und wenn der Talisman ihm zusätzlich Schutz bot, umso besser.
Ich ahnte, dass dieses Wunder nicht das letzte sein würde.

© 2025 Sabine Reifenstahl

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